Ganz hinten hatte sich Lore Mair fünf Tage nach ihrem 66. Geburtstag in das Starterfeld eingereiht, als am Samstag Punkt 8 Uhr der Startschuss fiel. „In der Ruhe liegt die Kraft“ war das Motto für den Bergmarathon von Söll hinauf zu Hohen Salve, allerdings nicht auf direktem Weg, sondern kreuz und quer durch das weitläufige Alm- bzw. Skigebiet, so dass insgesamt 42 km und 2300 Höhenmeter zu bewältigen waren. Eine nette Herausforderung zum Saisonabschluss, gerade recht nach dem erfolgreich bewältigten Karwendellauf vier Wochen davor. „Mei, de san ja scho alle da vorn“ murrte ein Läuferkollege jammernd, als es nach einer Steigung gerade mal etwas lockerer um eine Kurve ging. Naja, aber jeder kann nur mitseiner eigenen Kraft haushalten, und wer sich zu früh verausgabt, bereut es weiter oben. In diesem Sinne ist es besser, einfach ruhig das eigene Tempo zu halten. Nach einer knappen Stunde war die erste Schleife geschafft, es ging wieder am Startpunkt vorbei und der erste ernsthafte Anstieg begann. Gehen und Laufen wechselten sich ab, ein ständiges Auf und Ab, willkommene Pausen an den gut bestückten etränkestationen, als scherzhafte Aufmunterung am Tanzboden das Durchlaufen von Terrasse und Gastraum einer Almwirtschaft, ab und zu eine kleine Plauderei, soweit der Atem gerade reichte – in dem kleinen Grüppchen der Läufer, die sich Gedanken um die Cut-Off-Zeit an der Mittelstatio „Hexenwasser“ machten, traf man sich immer wieder. Es hat noch gereicht – der Moderator kündigte die letzten 10 Minuten an, als Lore den Punkt passierte.
Danach wurde es bald nochmal richtig steil: in Falllinie eine Wiese hinauf, gefühlt bestimmt eine schwarze Piste im Winter, beinahe hätten die Beine mit Krämpfen gestreikt. Manchen halfen kleine Pausen, Lore versuchte sich auf kontinuierliche Schritte zu konzentrieren, ohne zu verkrampfen, und gelegentlich einen Blick auf das herrliche Panorama zu werfen, das inzwischen in strahlendem Sonnenschein um die Hohe Salve herum zu sehen war. Der Wilde Kaiser im Norden, Richtung Süden der Hauptkamm bereits mit Neuschnee verzuckert, Kühe auf den Weiden in der Umgebung, eigentlich wunderschön. An der vorletzten Getränkestation führte die Laufstrecke direkt durch einen Kuhstall (ohne Bewohner), man sah schon den Gipfel – und dann führte der Weg in einer wahren Schnecke ganz um den Gipfelstock herum und verlief auch noch fallend, so dass am Ende nochmals fast 300 Höhenmeter relativ steil aufzusteigen waren. Aber klar war, dass die 8-Stunden-Grenze gut eingehalten werden konnte, und so am Schluss muss das Ganze doch noch anständig zu Ende gebracht werden! Die Anfeuerungsrufe auf den letzten Metern ließen sich tatsächlich noch in eine auch vom Moderator honorierte „Tempoverschärfung“ umsetzten, und dann war es geschafft: 7 Stunden 27 Minuten, 4. Platz von 6 Frauen in der Altersklasse. Ein gelungener Tag!
Lore Mair
